Stillen –
Die erste Herausforderung der Mutterschaft
Wenn Stillen von der Natur gewollt ist, warum fühlt es sich für so viele Frauen wie ein „Kampf“ an?
Fast alle Mütter beabsichtigen während der Schwangerschaft, ihr Baby nach der Geburt zu stillen. Viele davon geben in den ersten Monaten wegen Stillschwierigkeiten auf. (1)
Entzündete Brustwarzen, zu wenig Milch, zu viel Milch, verstopfte Milchgänge und Brustentzündung sind nur ein Teil des Problems. Mangel an Informationen und Beratung sind ein weiterer viel wichtiger Teil davon.
Was soll ich über das Stillen wissen?
Zuallererst sollte das Stillen eine individuelle Wahl sein und dafür braucht die werdende Mutter die richtigen Informationen und eine kompetente, professionelle Beratung.
Warum stillen?
Weil Stillen erstaunliche Vorteile für Mutter und Kind hat! Muttermilch ist die beste Nahrungsquelle in den ersten sechs Monaten. Trotz gut entwickelter Milchnahrung, erhalten die Babys nicht alles von den zahlreichen bioaktiven Inhaltsstoffen der Muttermilch, die eine optimale Entwicklung des Babys gewährleisten. Weiterhin zeigen gestillte Babys auch langfristig ein geringeres Risiko für Asthma, Adipositas, Typ-1-Diabetes, plötzlichen Kindstod (SIDS), Ohreninfektionen und Magenprobleme; Stillen kann das Risiko für Brust- und Eierstockkrebs, Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck bei der Mutter verringern. (3)
Es gibt nur wenige absolute Kontraindikationen zum Stillen. Ein positiver HIV- oder HTLV-1-Status, Chemotherapie, Drogen- oder Medikamentenmissbrauch, Radiotherapie, akute Windpockenerkrankung oder Herpesläsion an der Brust und Galaktosämie sind Kontraindikationen des Stillens. (3)
Letztendlich soll Stillen eine individuelle Entscheidung sein, die vom Kind und Mutter gemeinsam getroffen wird. Manche Kinder wollen die Brust einfach nicht und manche Mütter möchten nicht stillen und das ist völlig in Ordnung.
Jede Mutter braucht Akzeptanz und Unterstützung.
Beginn des Stillens.
Kolostrum oder Vormilch ist die spezielle Milch, die in den ersten zwei, drei Tagen nach der Geburt abgesondert wird. Es wird in kleineren Mengen produziert, etwa 40–50 mL/d, ist aber zu diesem Zeitpunkt alles was ein Säugling normalerweise benötigt. (2)
Die Milchproduktion in größeren Mengen beginnt etwas zwei bis vier Tagen nach der Geburt, wodurch sich die Brüste voll anfühlen; die Milch soll dann „eingelaufen“ sein. Am dritten Lebenstag nimmt ein Säugling normalerweise etwa 300–400 mL/d zu sich auf, am fünften Tag zwischen 500–800 mL/d (2).
Hauptherausforderungen des Stillens:
Zu wenig Milch
Je länger ein Baby in den ersten Wochen saugt und dadurch die Brustwarzen stimuliert, desto mehr Prolaktin wird produziert, dass unmittelbar die Milchbildung in der Brust anregt. (2).
Während der Nachzeit steigt der Prolaktinspiegel deutlich an. Daher ist das Stillen in der Nacht besonders wichtig, um die Milchversorgung aufrechtzuerhalten (2). Wenn Sie unsicher sein sollten, ob die Milchproduktion für Ihr Baby ausreichend ist, dann können Sie einfach Ihr Kind wiegen (ca. 20-30 g/d Gewichtszunahme und nicht mehr als 7% Abnahme). Sechs nasse Windeln täglich ab dem vierten Tag oder mindestens drei Darmentleerungen ab dem zweiten Lebenstag sind alles Zeichen einer ausreichenden Milchproduktion. (4)
Entzündete Brustwarzen
Schmerzhafte Brustwarzen sind Zeichen eines inkorrekten Anlegens. Das Stillen darf nicht schmerzhaft sein und das Anlegen soll so oft wiederholt werden, bis es sich gut fühlt. Stillen fühlt sich sogar angenehm an, wenn ihr Baby beim Trinken einen guten Mund voll Brust
erfassen kann und nicht nur die Brustwarze. Eine effektive Fassung der Brust, d.h. ein Mund voll Brust führt zu einer guten Brustentleerung und verhindert eine Brust- oder Brustwarzenentzündung. (4)
Zu viel Milch
Nach der Geburt passt sich die Milchbildung einer stillenden Mutter dem aktuellen Bedarf ihres Kindes an. Bei manchen Müttern kommt es aber zu einer Überproduktion und daraus resultieren Schwierigkeiten, aus der Brust effektiv trinken zu können. (5)
Empfohlen wird es, die Brüste mittels elektrischer Pumpe oder per Hand (C-Griff) zu entleeren und dann erst zu stillen. (5) Warm-Kalt Kompressen vor- und nach dem Stillen erleichtern den Milchfluss und verschaffen Schmerzlinderung. Am besten helfen vor dem Stillen warm-nasse Windeln, da sie eine bessere Wärmesparfähigkeit als eine Kompresse aufweisen.
Milchstau/Mastitis/Abszess
Jede der o.g. Herausforderungen kann eine Brustentzündung begünstigen. Wundläsionen der Brustwarzen führen wegen Schmerzen zu ungenügender Entleerung der Brust und favorisieren die Entstehung eines Milchstaus oder die Ansiedlung von Bakterien und die daraus resultierende Brustentzündung. Das gleiche kann aufgrund unnötiger elektrischer Pumpennutzung passieren, wie z.B. bei einer inkorrekten Einschätzung der produzierten Milchmenge, da die Milchüberproduktion ein Risikofaktor darstellt.
Stillen ist zwar eine große Herausforderung für die Mehrheit der Müttern gilt allerdings, wie das Sprichwort lautet: „Übung macht den Meister!“
Wenn Sie stillen möchten oder sich dagegen entschieden haben – Sie haben unsere volle Unterstützung.
Diagnostik und Therapie in der Praxis:
- Stillberatung
- Inspektion und Abtastung der Brüste
- Brustultraschall
- bei behandlungsbedürftiger Brustentzündung: Therapie mit oraler Antibiose
Wer bietet Ihnen noch Hilfe an:
- Hebamme
- Stillberater/Stillberaterin
- LaLeche Liga: monatliche Stillvorbereitungskurse online (lalecheliga.de/stillkurse/)
- Arbeitsgemeinschaft Freier Stillgruppen (AFS) – alles rund ums Stillen
- Still-Lexikon -Infoportal rund ums Stillen
Und nicht vergessen: Fragen Sie uns gerne!
Literatur:
- Brettschneider AK, von der Lippe E, Lange C: Stillverhalten in Deutschland – Neues aus KiGGS Welle 2. Bundesgesundheitsblatt 2018.
- Infant and young child feeding: Model Chapter for Textbooks for Medical Students and Allied Health Professionals, World Health Organization, 2009
- Division of Nutrition, Physical Activity and Obesity, National Center for Chronic Disease Prevention and Health Promotion.
- Klinische Leitlinien zur Etablierung des ausschließlichen Stillens Überarbeitungskomitee 2. Auflage, Juni 2005
- „Klinische Bedeutung von Hypergalaktie und überaktivem Milchspende-Reflex.“, B. Kämmerer, E. Korsch, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Kliniken Köln gGmbH